Häusliche Gewalt kommt in allen sozialen Schichten vor. Statistiken zeigen, dass Frauen sehr viel häufiger betroffen sind als Männer. Die Daten zeigen bereits, dass in Deutschland eine von vier Frauen mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt in den eigenen vier Wänden erfahren muss, und diese Zahl seit der Coronakrise nochmals wächst.
SOS@Home zeigt, was Betroffene und Aufmerksame tun können, um Beweise bei häuslicher Gewalt zu sammeln.

Was kann ich tun, wenn ich selbst von häuslicher Gewalt betroffen bin?
Menschen, darunter auch jüngere, die direkt von Gewalt in den eigenen vier Wänden betroffen sind, befinden sich in einer empfindlichen Situation und sind einem höheren Risiko seelische und körperliche Gewalt zu erfahren, ausgesetzt. Umso wichtiger wird hier ein richtiger Umgang mit der Situation, die auch mit aussagekräftigen Beweisen belegt werden muss.
Hilfsangebote im deutschen Raum bieten Unterstützung und informieren darüber, welche (Schutz-)Möglichkeiten es gibt. Um die Wirksamkeit der existierenden Hilfsangebote zusätzlich zu erhöhen, empfiehlt es sich, alle Fälle von Gewalt so gut wie möglich zu dokumentieren damit die Fachleute die Situation leichter verstehen und gezielte Hilfe leisten können.Falls eine gegebene Situation eine Dokumentation der Tat nicht zulässt, wie es im Fall von akuter Gefahr sein kann, muss umgehend die Polizei unter der Nummer 110 informiert werden!
Die in den nächsten Zeilen genannten Handlungstipps sollen im Notfall Hilfe leisten.
Was tun, wenn man Zeuge häuslicher Gewalt wird, zum Beispiel in der Nachbarwohnung?
Neben den direkt Betroffenen gibt es indirekt betroffene Menschen, die als Aufmerksame bzw. Zeugen klassifiziert werden können. Dies kann vorkommen wenn z.B. in der Nachbarwohnung jemand gegen eine andere Person gewalttätig wird. Hier gestaltet sich eine Hilfestellung in akuten Notsituationen als sehr schwierig, da die beobachtende Person sich bei Hilfeleistung selbst in Gefahr bringen kann. Auch hier ruft man am besten die Polizei, die eventuelle Fragen telefonisch vorab klären kann und dann vor Ort eintreffen wird. Eine weitere Möglichkeit ist, in der Nachbarwohnung vorbeizuschauen, aber immer mit mehreren Leuten.
Aufmerksam zu sein, im Zweifel nachzufragen und Hilfe anzubieten, kann Leben retten. Wer befürchtet, dass eine andere Person von häuslicher Gewalt betroffen sein könnte, kann die betroffene Person in einer ruhigen Situation alleine ansprechen und Hilfe anbieten. Auch hier ist eine Aufklärung über die richtige Beweissammlung eine wertvolle Unterstützung.
Wie man Beweise richtig sammelt
Körperverletzungen wie blaue Flecken oder Abschürfungen verblassen, kleinere Brüche können bei flüchtigem Betrachten nicht wahrgenommen werden. Viele der Betroffenen verstecken ihre Verletzungen unter der Kleidung und erklären die Verletzungen mit erfundenen Unfällen oder Missgeschicken. Die Spuren von seelischer und sexualisierter Gewalt sind hingegen oft sehr schwierig beweisbar. Umso wichtiger wird es, alle Gewaltsituationen schriftlich zu notieren und weiteres Beweismaterial zu sammeln, sodass auch später auf diese zurückgegriffen werden kann.
Vorschläge für eine richtige Sammlung von Beweisen
- Betroffene sollten alle Vorfälle in einem privaten Tagebuch oder in einer privaten digitalen Datei (Microsoft Word, in einer Cloud usw.) aufbewahren, worauf die Gewaltausübenden keinen Zugriff haben. Heutzutage bieten Messaging Apps wie Whatsapp die Möglichkeit, sich einer bekannten Person anzuvertrauen und der gesamte Verlauf kann von Handy- oder Smartphonebesitzer*in aufgerufen werden kann.
- Die aufgezeichneten Angaben sollten genau aufzeigen, wann, wo und wie es zu einer Gewaltsituation gekommen ist. Betroffene oder Aufmerksame sollten so viele Details wie möglich notieren, damit auch im Nachhinein der Ablauf leichter rekonstruiert werden kann.
- Die notierten Angaben müssen an einem sicheren Ort aufbewahrt werden, damit Gewaltausübende keinen Zugriff darauf haben. Bei digitalen Dateien kann der Zugriff zusätzlich durch ein Passwort geschützt werden. Dadurch kann das Risiko minimiert werden, dass die Beweislast von den Gewaltausübenden entdeckt und gelesen wird.
- Beweise sollten immer so dokumentiert werden, dass sie nicht mehr verändert werden können. Falls was schriftlich notiert wird, ist es im Nachhinein schwieriger die Bedeutung des Zwischenfalls herunterzuspielen.
- Falls körperliche Verletzungen vorliegen, sollten diese mit Fotos sowohl im Detail, als auch als Übersicht dokumentiert werden (d.h. es sollen sowohl die einzelnen Stellen fotografiert, als auch Bilder aus der weiteren Ferne geschossen werden). Sollte nämlich später behauptet werden, die Verletzungen seien anders oder gar selbst zugefügt worden, können Gerichtsmediziner anhand der ausführlichen Bilder Angaben machen. Sind (minderjährige) Kinder von häuslicher Gewalt betroffen, die auf ein oder beide Elternteile zurückzuführen sind, und weisen sichtliche Verletzungen auf, schalten die Ärzte meist das Jugendamt oder die Ermittlungsbehörden ein.
- Falls die Gefahr besteht, dass die gesammelten Beweise Zuhause von den gewalttätigen Personen gefunden werden könnten empfiehlt es sich, Hilfe bei einem Bekannten oder bei einer Hilfsorganisation zu suchen. Diese können die vorhandene Beweise sicher unterbringen, ohne die Gefahr, dass unerwünschte Personen Zugriff zum Inhalt haben.
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